Matthias Thomsen
Zu meinem 10. Geburtstag bekam ich von meinen Eltern eine gebrauchte Agfa Box 50 geschenkt. Dieser wunderbare Kasten wurde mit Rollfilm Typ 120, Format 6 x 9, 12 Bilder bestückt, jede Aufnahme wurde sehr sorgfältig geplant und die „Wunderwerke“ anschließend wie Heiligtümer behandelt. Hin und wieder konnte ich es mir leisten, zwei Filme für insgesamt 24 Bilder auf eine Reise mitzunehmen – wie wertvoll war jedes Bild! Eine frühe Faszination.
Etliche Jahre später wurde die Box abgelöst durch eine billige Kleinbildkamera und dann kam 1975 meine erste Spiegelreflex – die Minolta SRT 101, eine vollmechanische, gänzlich manuell zu bedienende Kamera. Es folgten weitere Spiegelreflex Kameras und sehr bald ein eigenes kleines Fotolabor, in dem die Filme entwickelt und Schwarzweiß-Abzüge in allem möglichen Größen, Qualitäten und experimentellen Techniken hergestellt wurden. Fotomotive für die Laborarbeit waren meist sorgfältig geplante Landschafts- und Architekturaufnahmen.
Dann, zu Beginn meiner Berufstätigkeit als Gymnasiallehrer, kam ein neues Interessengebiet dazu, nämlich die Botanik und der Fokus des Fotografierens verschob sich zum dokumentarischen Dia, womit das Fotolabor zeitweise einmottetet wurde. Nebenher beschäftigte ich mich aber auch immer mal wieder mit experimenteller Fotografie auf Negativfilmen und dafür wurde das Labor dann jeweils wieder in Betrieb genommen.
Da ich auch seit meinem frühen Erwachsenenalter weitgehend abstrakt male, war zwar immer ein künstlerischer Ansatz da, aber die Fotografie blieb dennoch lange Jahre merkwürdig uninspiriert. Der künstlerisch kreative Ausdruck blieb der Malerei vorbehalten, die Fotografie verharrte mehr im Dokumentarischen – eine Technik zur Abbildung der „Realität“. So blieben dies lange Zeit zwei getrennte Felder, fast unversöhnlich gegensätzlich.
Nach einer recht langen kreativen Pause entstand über das Interesse an Botanik vor einigen Jahren der Wunsch, eine digitale Kamera für die Makrofotografie anzuschaffen, zunächst eine Bridge. Bereits die allerersten Ergebnisse waren technisch so überzeugend und hinreißend gut, dass die lange schlummernde Begeisterung für Fotografie sofort wieder erwachte und zwar stärker als je zuvor. Die digitale Fotografie gab mir endlich die Freiheit, kostengünstig große experimentelle Serien zu machen und die Entwicklungsmöglichkeiten am Computer zu nutzen. Damit war der Damm gebrochen, der so lange Zeit den künstlerisch fotografischen Drang gebremst hatte – freie Fahrt für freie kreative Entfaltung.
In The Good Eye habe ich den Ort gefunden, an dem ich mit anderen Menschen die Begeisterung für fotografisches Gestalten und die Freude am Entdecken und lebenslangen Lernen teilen möchte.
Darauf freue ich mich.
Eine Auswahl meiner Bildwelten